Tüten – welches Material ist am besten?

Zahlen und Fakten zu Plastiktüten

1 Billion Stück – so hoch wird der jährliche, weltweite Plastiktütenverbrauch geschätzt. Die Nutzung von Plastiktüten trägt zu stetig wachsenden Müllbergen in vielen Teilen der Welt bei und belastet Mensch und Umwelt. Leider wird bisher nur ein geringer Teil der weltweit verbrauchten Plastiktüten recycelt oder verwertet. Etwa 90 Prozent landen auf Mülldeponien. Bis eine Plastiktüte vollständig zerfallen ist, kann es, je nach eingesetztem Kunststoff, zwischen 100 bis 500 Jahre dauern.

Einwegtüten aus Plastik (Polyethylen)

Der größte Teil an Einweg-Plastiktüten besteht aus dem Kunststoff Polyethylen. Als Rohstoff wird fossiles Rohöl verwendet. Ohne anschließendes Recycling sind Polyethylen-Tüten sowohl beim Ressourcenverbrauch als auch hinsichtlich des Klimawandels keine ökologisch verträglichen Tragetaschen.

Abbaubare Plastiktüten aus nachwachsenden Rohstoffen

Biologisch abbaubare Plastiktüten mit Anteilen nachwachsender Rohstoffe sind die schlechteste Einweg-Tütenvariante. Aus technischen Gründen bestehen biologisch abbaubare Plastiktüten häufig zu 70 Prozent aus Rohöl und nur zu 30 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen. Der Einsatz biologisch abbaubarer Kunststoffe kann fossile Rohstoffe nicht ersetzen. Gleichzeitig wirkt sich der aufwändige landwirtschaftliche Anbau von Energiepflanzen, die für die Herstellung biologisch abbaubarer Plastiktüten nötig sind, besonders negativ auf die Umwelt aus. Hinzu kommt, dass biologisch abbaubare Plastiktüten aus der Haushaltssammlung nur eingeschränkt recyclingfähig sind und das Recycling herkömmlicher Kunststoffe behindern. Laut dem Umweltbundesamt ist die Kompostierung biologisch abbaubarer Plastiktüten der umweltschädlichste aller Entsorgungswege. Die Kompostierung einer PLA-Plastiktüte trägt weder zum Aufbau von Humus bei, noch werden pflanzenverfügbare Nährstoffe zur Verfügung gestellt. Die Ökobilanz biologisch abbaubarer Tüten verschlechtert sich zusätzlich durch einen größeren Materialaufwand. Denn im Gegensatz zu rohölbasierten Tragetaschen, muss ihre Tütenfolie dickwandiger sein, um dieselbe Reißfestigkeit zu besitzen.

Einweg-Plastiktüten mit hohem Recyclinganteil

Einweg-Plastiktüten aus Polyethylen mit Recyclinganteilen von mindestens 70 Prozent besitzen gegenüber allen anderen Einweg-Tütentypen ökologische Vorteile. Durch das Recycling von Polyethylen können die CO2-Emissionen bei der Herstellung um 45 Prozent reduziert werden. In Deutschland wird lediglich ein sehr geringer Anteil der Kunststofftüten im Rahmen der haushaltnahen Wertstoffsammlung (in der gelben Tonne) erfasst und recycelt. Viele Plastiktüten landen entweder als nicht getrennter Verpackungsmüll oder als Müllbeutel im Restabfall, sodass ein Recycling ausgeschlossen ist.

Einweg-Papiertüten

Tragetaschen aus Papier sind nicht grundsätzlich besser als jene aus Kunststoff, da für ihre Produktion besonders lange und reißfeste Zellstofffasern notwendig sind, die mit Chemikalien behandelt werden. Papiertüten sind in der Regel schwerer als Plastiktüten, weil ihre Wandstärke dicker sein muss, um dieselbe Reißfestigkeit zu haben. Das erhöht den Materialeinsatz pro Tüte und führt zu mehr Emissionen beim Transport. Ausnahme: das Verwenden von Recyclingpapier und das abermalige Recycling nach der Verwendung kann die Umweltbilanz von Papiertüten verbessern. Allerdings wird sie erst dann ökologisch interessant, wenn diese drei bis vier Mal verwendet wird.

Mehrweg-Tragetaschen aus Naturfasern

Damit eine Mehrwegtragetasche ökologisch besser abschneidet als eine Einweg-Plastiktüte, gilt auch hier wie bei der Papiertüte: sie muss mehrfach verwendet werden. Mehrwegtragetaschen benötigen aufgrund ihrer Verarbeitung und Materialstärke mehr Material, Ressourcen und Energie zur Herstellung. Klassische Materialien für Mehrwegtaschen, wie z.B. Baumwolle, Bast oder Flachs, verursachen durch ihren Anbau hohe Umweltauswirkungen, zB. in Wasser- und Energieverbrauch. Deshalb müssen Baumwollbeutel zwischen 25 und 32 Mal wieder verwendet werden, um besser als Polyethylen-Tüten abzuschneiden.

Mehrweg-Tragetaschen aus Kunststoff

Neben Naturfasern werden Mehrwegtragetaschen auch zunehmend aus Kunststoffen hergestellt. Mehrwegtaschen aus Kunststoff weisen bei der Bereitstellung von Rohstoffen und bei der Produktion deutliche Vorteile gegenüber Naturfasern auf. Sie benötigen weniger Wiederverwendungen, um umweltfreundlicher als Einweg-Plastiktüten zu sein. So ist eine Mehrwegtragetasche aus Polypropylen bereits nach drei Nutzungen umweltfreundlicher als eine Einweg-Tüte aus Polyethylen. Zusätzlich werden viele Mehrwegtragetaschen bereits zum überwiegenden Teil (bis zu 90 Prozent) aus recyceltem Material, wie z.B. alten PET-Getränkeflaschen hergestellt.

Zusammenfaltbare Mehrweg-Tragetasche aus Polyester

Die zusammenfaltbare Tragetasche aus Polyester ist ein umweltfreundliches Mehrwegprodukt. Meist aufbewahrt in einer wiederverschließbaren Tasche, nimmt sie nicht mehr Platz in Anspruch als eine Packung Taschentücher. Diesen praktischen und strapazierfähigen Beutel kann man immer bei sich tragen – außerdem ist er bis zu 10 kg belastbar.

Wie viele Plastiktüten verbrauchen wir denn im Durchschnitt jährlich?

Betrachtet man europaweit den Verbrauch von Plastiktüten – Einweg und Mehrweg – so liegt Deutschland auf dem viertbesten Platz. Bei den Einwegtüten ist es immerhin noch Platz sechs (mit 64 Tüten). Umweltbewusste Spitzenreiter sind Dänemark und Finnland mit vier Einwegtüten pro Kopf und Jahr. Schlusslichter sind dagegen Polen, Portugal und die Slowakei mit 466.

Was ist an Plastiktüten eigentlich so schlimm?

In der EU landen jährlich acht Milliarden Tüten in der Natur oder im Meer, mit schlimmen Folgen. „Weggeworfene Kunststofftragetaschen können noch Hunderte von Jahren überdauern“, warnt die EU-Kommission. Sie schätzt, dass 94 Prozent der Nordseevögel inzwischen Plastik im Bauch haben. Würden weniger Tüten produziert, könnte man zudem Energie und Ressourcen sparen. Leider ist das EU-Papier deutlich entschärft worden, ein europaweites Verbot von Plastiktüten ist vom Tisch. Jeder Staat soll sich selbst darum kümmern.

Was haben die EU-Minister beschlossen?

Um die Zahl der umweltschädlichen Einwegtüten zu senken, dürfen die EU-Staaten diese besteuern oder sogar verbieten. Auch sollen sich die Staaten Ziele setzen, damit die Einkäufe nicht mehr so häufig in Plastiktaschen nach Hause getragen werden. Bis Ende 2025 soll jeder Europäer im Schnitt nur noch 40 Einweg-Beutel pro Jahr verbrauchen.

Was ändert sich bei uns in Deutschland?

Noch gibt es keinen Beschluss der Bundesregierung, wie sie die Forderung umsetzen will. „Bei einer Abwägung von Aufwand und Nutzen spricht derzeit aus unserer Sicht nichts dafür, in Deutschland Abgaben oder gar Verbote zur Reduzierung des Verbrauchs an Plastiktüten einzuführen“, sagte eine Sprecherin von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks.“Nach dem endgültigen Inkrafttreten der Richtlinie werden wir im Dialog mit Umwelt- und Verbraucherverbänden, den Ländern sowie mit der betroffenen Wirtschaft mögliche Maßnahmen zur weiteren Senkung des Verbrauchs an Kunststofftragetaschen erörtern.“

Wird es Ausnahmen geben?

Robuste Mehrfachtüten oder extrem dünne Tüten, die für Obst, Gemüse oder Frischfleisch gebraucht werden, sind nicht betroffen. Die Begründung: Es soll vermieden werden, dass stattdessen ressourcenintensivere Verpackungsmaterialien zum Einsatz kommen.

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Bei Baumwolltaschen sollte man außerdem darauf achten, dass sie gotszertifitiert sind – sprich, dass es sich um solche aus Biobaumwolle handelt – hier geht’s zu den Gründen und der Unterschieden zu Oekotex.

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Plastikmüll„Papiertüte ist nicht ökologischer“ (2.6.2016)

Der Lebensmittelkonzern REWE wird in Zukunft keine Plastiktüten mehr verkaufen. Eine Papiertüte sei allerdings keine ökologische Alternative zur Plastiktüte, sagte Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe im DLF. Die Herstellung von Papier sei besonders energieintensiv. Eine bessere Variante sei die Mehrweg-Tragetasche.

Thomas Fischer im Gespräch mit Britta Fecke

Beim Shoppen zur Weihnachtszeit kommen schnell einige Einkaufstüten zusammen. (dpa / picture alliance / Daniel Naupold)
Beim Shoppen zur Weihnachtszeit kommen schnell einige Einkaufstüten zusammen. (dpa / picture alliance / Daniel Naupold)

Britta Fecke: Nach Angaben des Umweltprogramms der Vereinten Nationen gelangen jedes Jahr mehr als zehn Millionen Tonnen Plastikmüll in die Ozeane. Da dieser Müll im Meer fast nicht zersetzt wird, schwimmen riesige Inseln von ihm auf der offenen See, die nur aus Plastikabfällen bestehen. Eine PET-Flasche braucht 450 Jahre, bis sie im Meer zerfallen ist, eine Plastiktüte rund 20 Jahre. Dass Deutschlands zweitgrößter Lebensmittelhändler Rewe künftig keine Plastiktüten mehr ausgeben will, ist in dem Zusammenhang ein Schritt in die richtige Richtung. Doch was ist die Alternative zur Plastiktüte? Wie steht es um die Ökobilanz der Papiertüten? – Ich bin jetzt verbunden mit Thomas Fischer. Er ist Leiter des Bereiches Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe. Herr Fischer, Sie haben die Ökobilanz der verschiedenen Tütentypen untersucht. Wie steht es denn um den Rohstoff- und Energieverbrauch bei der Herstellung der Papiertüten?

„Die Herstellung von Papier ist besonders energieintensiv“

Thomas Fischer: Erst einmal einen schönen guten Tag. – Ja, die Papiertüte ist, was die Ressourcen- und Energieverbräuche angeht, nicht ökologischer, sondern sogar schlechter als eine normale Plastiktüte aus dem Kunststoff Polyäthylen. Das hat unterschiedliche Gründe. Zum einen ist es so, dass die Papiertüte, um dieselbe Reißfestigkeit zu haben, deutlich dickwandiger sein muss. Das heißt, sie ist dreimal schwerer in der Regel als eine normale Plastiktüte. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass mehr Material eingesetzt wird und natürlich auch mehr Energie verbraucht wird.

Zusätzlich besteht sie aus Papierfasern und die Herstellung von Papier ist besonders energieintensiv und verbrauchsenorm für Wasser. Zusätzlich müssen, damit besonders reißfeste lange Zellstofffasern hergestellt werden können, viele Chemikalien eingesetzt werden: Natronlauge, Sulfite und Sulfate. Das führt ebenfalls zu negativen Umweltauswirkungen und deshalb muss man in der Gesamtbilanz sagen, die Papiertüte fühlt sich von der Optik und Haptik einfach besser an. Das kommt aus der Natur. Da hat man das Gefühl, man tut was Gutes. Aber rein von der Ökobilanz, von den Verbräuchen und den Umweltauswirkungen her hat sie eine negativere Bilanz.

„Sowohl Einwegtüten aus Plastik als auch aus Papier vermeiden“

Fecke: Eine negativere Bilanz. Aber dennoch ist es ja ein nachwachsender Rohstoff, nämlich Holz, aus dem das hergestellt wird. Und wenn sie ins Meer gelangt, dann wird sie schneller zersetzt als die Plastiktüte.

Fischer: Ja man muss immer schauen, worauf man den Schwerpunkt legt. Wenn man jetzt nur die Ressourcenverbräuche betrachtet und die Energieverbräuche, dann schneidet die Papiertüte insgesamt schlechter ab, nur dass die Zuhörer das einordnen können, weil für die Herstellung von einer Tonne Papier ist genauso viel Energie notwendig wie für die Herstellung einer Tonne Stahl. Da bekommt man das ungefähre Gefühl dafür, wieviel Umweltauswirkungen die Herstellung von diesen Papiertüten tatsächlich hat.

Wo Sie natürlich Recht haben ist: Wenn die gelittert werden, die Papiertüten, und in der Umwelt landen, dann sind sie ungefährlich, dann zersetzen sie sich schnell. Aber grundsätzlich muss der Ansatz sein, sowohl Einwegtüten aus Plastik als auch aus Papier zu vermeiden und diese gar nicht erst in die Umwelt gelangen zu lassen.

Fecke: Wie ist die Klimabilanz?

Fischer: Die Klimabilanz von Papiertüten sieht etwas besser aus. Allerdings ist sie nicht so viel besser als bei Plastiktüten, weil Sie wie gesagt dreimal mehr Material haben, was verarbeitet und hergestellt werden muss. Belastet wird die Klimabilanz von den Einweg-Plastiktüten natürlich durch die Verwendung von fossilen Rohstoffen wie Rohöl. Das heißt, dort ist die Klimabilanz besonders schlecht. Aber so viel besser ist die Papiertüte dann auch nicht, weil viel Energie notwendig ist für die Herstellung einer dreimal schwereren Papiertüte.

Mehrweg-Tragetasche statt Plastik

Fecke: Sie haben vorhin gesagt, dass bei der Herstellung von Papier Natronlauge verwendet wird und Sulfite. Was machen die in der Umwelt?

Fischer: Gelangen diese Chemikalien in die Umwelt, dann haben sie negative Auswirkungen auf marine Ökosysteme. Allerdings ist es ja so, dass diese Chemikalien genutzt werden, um die Tüten herzustellen. Aber so, dass sie auf direktem Wege nicht in die Umwelt gelangen. Davon gehe ich zumindest in Deutschland aus. Aber nichtsdestotrotz müssen diese Chemikalien produziert und hergestellt werden und ein Teil auch entsorgt werden, und das ist immer auch mit Umweltauswirkungen und Ressourcenverbräuchen verbunden. Deshalb muss man ganz klar sagen: Die bessere Variante zur Einweg-Plastiktüte ist eben nicht die Einweg-Papiertüte, sondern die Mehrweg-Tragetasche.

Fecke: Das nehme ich als Schlusswort. – Vielen Dank! – Thomas Fischer war das, Leiter des Bereichs Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe.

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/plastikmuell-papiertuete-ist-nicht-oekologischer.697.de.html?dram:article_id=355938

Labor für Kunst und nachhaltige Bildung